“ Inklusion scheint für viele das Zauberwort zu sein, das eine neue pädagogische Epoche einleiten soll“, schrieb die FAZ jüngst (17.8.12) in einem Kommentar, der sich vor allem mit dem gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht-behinderten Kindern sowie dem Verdacht auseinander setzte, hier mache sich eine „quasitotalitäre“ pädagogische Utopie der Gemeinschaftlichkeit breit. Solche Verdächtigungen leben nicht nur von maßlosen Übertreibungen, sie ignorieren auch, was Fachleute und Politik mittlerweile auf den verschiedensten Ebenen als drängendes Problem identifiziert haben: Der gesellschaftliche Zusammenhalt in der Bundesrepublik Deutschland ist – auch wenn das Land sich ökonomisch und politisch als durchsetzungsstark erweist und die Sorgen der europäischen Problemstaaten nicht zu kennen scheint – harten Belastungsproben ausgesetzt.
Kohäsion, Integration, Inklusion heißen einschlägige Stichworte, die auf diese gesellschaftliche Diagnose reagieren. Hinzu kommen die – keineswegs neuen, aber mit zunehmender Dringlichkeit geführten – Debatten über soziale Marginalisierung und Bildungs-Benachteiligung, über politik- und bildungsferne Bevölkerungsgruppen. In all diesen Feldern, so ein breiter Konsens, besteht eindeutig Handlungsbedarf. Dabei geht es nicht darum, einen sozialen Einheitsbrei herzustellen, in dem alle Unterschiede verschwinden, sondern gleichzeitig die gesellschaftliche Vielfalt zu fördern. Das Stichwort “Diversity“, das ebenfalls pädagogische Konjunktur hat, macht dies deutlich. Entsprechende Konzepte sind in der interkulturellen oder internationalen Bildung entwickelt worden.
Über die Vielzahl der damit verbundenen theoretischen und praktischen Probleme will das vorliegende Heft einen Überblick geben. Der Eröffnungsbeitrag von Prof. Kurt Möller (Hochschule Esslingen) führt in die sozialwissenschaftliche Diskussion zu den Zentralbegriffen ein. Sein Fazit läuft darauf hinaus, dass sich politische Bildung stärker auf eine Kooperation mit Sozialer Arbeit einlassen muss. Im Anschluss daran problematisiert Prof. Arian Schiffer-Nasserie (Evangelische FH RWL) den Imperativ der Integration, der heute gleichermaßen für Politik und Pädagogik gilt, aber nicht so selbstverständlich ist, wie es oft den Anschein hat. Prof. Peter Nick (Fachhochschule Kempten) erläutert anschließend das Erfordernis der Inklusion im Blick auf Jugendverbände und Jugendarbeit, wobei er vor allem das Programm der interkulturellen Öffnung behandelt.
Im Schwerpunkt bilden dann zwei aus der praktischen Arbeit hervorgegangene Beiträge den Abschluss. Julia Pfinder (München), die ein Projekt der Bundeszentrale für politische Bildung betreut hat, befasst sich mit den Aufgaben der Bildungsarbeit angesichts der in Politik und Sozialwissenschaft konstatierten „Politik-“ bzw. „Bildungsferne“ größerer Bevölkerungskreise. Martin Kaiser (GSI Bad Bevensen) wechselt den Blickwinkel. Sein Beitrag zum Thema Diversity setzt nicht bei den Zielgruppen an, die es der Bildungsarbeit schwer machen, sondern geht auf die Schwierigkeiten ein, die sich in pädagogischen Teams bei Begegnungs- oder Austauschveranstaltungen ergeben.
Außerhalb des Themenschwerpunkts wird zunächst – unter der Rubrik QuerDenken – ein Thema aufgegriffen, das das Journal schon im Vorjahr beschäftigt hat: die Weiterentwicklung des ehemaligen „Kampfes gegen rechts“ zu den neuen „Extremismusbekämpfungsprogrammen“ der schwarzgelben Koalition. Uwe Roßbach (Arbeit und Leben) zieht hier eine Bilanz der Programme gegen den Linksextremismus. Manfred Pappenberger (Bildungszentrum Bad Staffelstein) liefert anschließend ein – empirisch abgestütztes – Streiflicht zur pädagogischen Befassung mit dem Thema Sicherheitspolitik. Auf Fragen der Integration geht dann noch einmal Prof. Andreas Thimmel (FH Köln) unter der Rubrik ÜberGrenzen ein; er resümiert Auswertungen des internationalen Jugendaustauschs. Die weiteren Rubriken enthalten Nachrichten, Kommentare und Materialien zur Bildungsszene.