Anfang Mai erschien eine neue Ausgabe des Journal für politische Bildung. Das Thema: Rechtsextremismus. Lesen Sie hier das Vorwort von Joachim Schillo.
Im September 2011, nach dem ausländerfeindlichen Attentat in Norwegen, rief die EU das Aufklärungsnetz gegen Radikalisierung (RAN) ins Leben. Bei einer EU-Konferenz Anfang 2013 beschäftigten sich Experten und Politiker mit einschlägigen RAN-Empfehlungen und wiesen darauf hin, dass in Europa ausländerfeindliche oder nationalistische Parteien den Nährboden für ideologisch motivierte Gewalt bereiteten. EU-Innenkommissarin Malmström zeigte sich, auch mit Blick auf die Europawahlen 2014, besorgt über das Erstarken solcher Parteien: „Zu keinem Zeitpunkt seit dem Zweiten Weltkrieg haben extremistische und populistische Kräfte einen so starken Einfluss auf die nationalen Parlamente gehabt wie heute. Wir sollten nicht unterschätzen, was dies für das europäische Projekt bedeuten würde.“
In Deutschland hat sich ebenfalls 2011 mit der Entdeckung des „braunen Terrors“ eine neue Aufmerksamkeit für rechtsextremistische Tendenzen ergeben. Seitdem läuft eine breite Debatte, die sich mit dem Versagen der zuständigen Behörden oder mit politischen Konsequenzen befasst, die aber auch auf pädagogische und zivilgesellschaftliche Anstrengungen, auf deren Defizite, Behinderungen oder Chancen zu sprechen kommt. Mit der außerschulischen Trägerlandschaft und den verschiedenen Förderprogrammen seit der Rechtsextremismuskampagne der rotgrünen Ära hat sich hier ja eine breite Infrastruktur entwickelt. Es liegen zahlreiche Erfahrungen vor, es werden allerdings auch hier, wie im Gesamtbereich der politischen Bildung, nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um diese Bildungsaufgabe zu stärken und auszubauen.
Das vorliegende Heft will angesichts dieser Entwicklungen einen aktuellen Einblick in den Sach- und Diskussionsstand der außerschulischen politischen Bildung geben. Prof. Benno Hafeneger (Redaktion) umreißt eingangs die gegenwärtige Problemlage im Blick auf die politische Kultur in Deutschland, wo sich ja nicht nur von den Rändern her, sondern auch aus der Mitte der Gesellschaft bedenkliche Tendenzen bemerkbar machen. Prof. Dierk Borstel (FH Dortmund) setzt dies fort. Er resümiert die Ergebnisse des Forschungsprojekts zur Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit (GMF), das einen Überblick über die Entwicklung des letzten Jahrzehnts ermöglicht, und zieht daraus Schlussfolgerungen für die Aufgaben politischer Bildung.
Die folgenden Beiträge fokussieren auf Bildung, Beratung und gesellschaftliche Intervention. Sie zeigen damit auch, wie eine zivilgesellschaftliche Öffnung eines engen, formalen Verständnisses von politischem Lernen aussehen kann. Dr. Susanne Johansson (DJI Halle) befasst sich zunächst mit der schwierigen Frage, ob und wie Wirkungen der einschlägigen Förder- und Präventionsprogramme festgestellt werden können. Dr. Reiner Becker (Universität Marburg) geht ausführlich auf die Notwendigkeit demokratiefördernder Beratung und auf die Infrastruktur der neu entwickelten Netzwerke ein. Klaus-Dieter Kaiser und seine Kollegen von der Evangelischen Akademie Nordkirche stellen abschließend ein Verbundprojekt vor, das Bildung, Beratung und sozialräumliche Intervention integriert.
Unter QuerDenken werden die Überlegungen des Schwerpunktteils ergänzt. Hier gibt es einen Beitrag von Prof. Klaus Ahlheim (Berlin), der einen Rückblick auf die Nachkriegszeit und auf die Anstöße Adornos für eine „Pädagogik nach Auschwitz“ bietet. Dem folgen unter ÜberGrenzen zwei komplementäre Beiträge zu einer Studienreise nach Israel: Oberst Alexander Burmeister von der Bundeswehr und Simone Helmschrott von der Evangelischen Akademie Bad Boll berichten von der letzten, „zivil-militärischen“ Reise, die die Bundeszentrale für politische Bildung Ende 2012 veranstaltete. Abgerundet wird dies mit einem Beitrag von Johannes Schillo (Redaktion Journal), der ein anderes internationales Ereignis aufgreift: das Jubiläum der deutsch-französischen Zusammenarbeit, das auch schon in Journal 1/13 Thema war.
Die weiteren Rubriken enthalten Nachrichten, Kommentare und Materialien zur Bildungsszene. Eine Ergänzung zum Schwerpunktthema bietet unter VorGänge der Text von Dominik Clemens, der pädagogischer Mitarbeiter bei Arbeit und Leben NW in Aachen ist und dort die Koordinierung des Lokalen Aktionsplans gegen rechts leitet.